Rückblick Exkursion Ostthüringen 12.08.2023

Wir trafen uns 9 Uhr im thüringischen Wünschendorf, Ortsteil Veitsberg, an der mittelalterlichen

Kirche St. Veit. Erfreulicherweise waren heute 37 Teilnehmer, darunter 3 Kinder gekommen.

Unser Vorsitzender, Herr Knorr, begrüßte Mitglieder und Gäste und gab eine Programmänderung bekannt, die wegen der Führung durch Schloss Mildenfurth notwendig war. Er stellte uns Frau Dr. Müller und ihren Mann vor, die uns heute begleiteten und Frau Dr. Müller uns mit historischen Informationen versah.

Unsere Exkursion wurde diesmal als Rundwanderweg durchgeführt, was neu war aber sehr begrüßt wurde. Die Teilnehmer, die nicht gut zu Fuß waren, konnten alle Objekte mit dem Auto erreichen.

Wir begannen unsere Wanderung von der Kirche zum nahen Schloss Mildenfurth.

Herr Peukert, ein Mitarbeiter der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, der das ehemalige Kloster 1995 übertragen wurde, führte uns durch Gelände und Schloss.

Im Tal der Weida stiftete 1193 Heinrich II., Vogt von Weida, das Kloster Mildenfurth als Hauskloster und Grablege. Das Anfang des 13. Jahrhunderts errichtete Kloster wurde mit Prämonstratenserchorherren besetzt. In seinen Glanzzeiten lebten 80-100 Chorherren im Kloster, dazu kamen noch Laienbrüder, die für die Funktion und Versorgung des Klosters zuständig waren.

Im 15. Jahrhundert wurde das Kloster als Teil der Herrschaft Weida an die Wettiner verkauft und bei der wettinischen Erbteilung von 1485 der ernestinischen Linie zugeschlagen. Nach der Reformation blieben die Chorherren noch bis 1529 hier. 1543 erwarb Mathes von Wallenrod, Berater Kurfürst Johann Friedrich des Großmütigen, die Anlage und ließ in den Folgejahren die Kirche zu einem Renaissanceschloss umbauen.

Anfang des 17. Jahrhunderts ging das Schloss in den Besitz der albertinischen Wettiner über, die es zum Kammergut machten. Von 1815-1918 gehörte das Gut zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Zu DDR-Zeiten war im Schloss ein Altersheim untergebracht. Seit 1968 lebt und arbeitet der Künstler Volkmar Kühn auf dem Gelände. Seine Skulpturen sind in der Nähe in einer ausgebauten Scheune ausgestellt.

Die Klosterkirche wurde als dreischiffige kreuzförmige Pfeilerbasilika mit Staffelchor errichtet.

Vom zweitürmigen Westportal bis zur Apsis maß sie 72m. An der Südfassade schloss sich der Kreuzgang und das Refektorium an. Beim Umbau zum Schloss wurde das Gelände aufgeschüttet.

Der westliche Teil des Mittelschiffs und die Seitenschiffe wurden abgetragen. Unter Verwendung der Außenwände des Querhauses und zweier Joche des Mittelschiffs entstand das Schloss auf kreuzförmigen Grundriss. Die Vierung der Kirche wurde zum Schlossturm erhöht.

Die Zwerchhäuser mit Schmuckgiebeln wurden angebracht. Im Inneren wurden durch den Einbau von Gewölben und Zwischendecken neue Raumstrukturen geschaffen. In zwei Obergeschossen wurden ein Festsaal und repräsentative Wohnräume gestaltet.

Wir sahen zuerst die Reste der Westturmanlage der Klosterkirche, in der das romanische Portal noch

erhalten ist.  Am Gebäuderest des Refektoriums sind noch Ansätze des Kreuzgangs zu sehen, an seiner Südseite existieren noch einige spätgotische Fenster. Ins Innere des Schlosses gelangt man durch ein Renaissanceportal und befindet sich in einem Raum mit Gewölben, in dem noch Reste der Vierungspfeiler der Kirche zu erkennen sind. Im Nachbarraum wurden Grabungen durchgeführt, hier sind noch Kapitelle erhalten. Im ersten Stock befindet sich der Festsaal mit Kamin. Leider ist das Gebäude eine einzige Baustelle, so dass wir nur sehr wenig von den Räumen sehen konnten.

Hier sind Räume für Konzerte und Trauungen geplant, bis dahin ist aber noch ein weiter Weg.

11:15 Uhr bedankten und verabschiedeten wir uns von unserem Führer und begaben uns auf den Weg nach Weida.

Der schöne Weg durch Wald und über Felder, nahe der Weida entlang, führte uns an der 800 jährigen Schwedeneiche vorbei nach Weida, das wir nach 4,5 km kurz nach 12 Uhr erreichten. Zur Osterburg empor gestiegen, erwartete uns eine Burgführung.

Die Osterburg, die aus Bergfried, altem und neuem Schloss besteht, beherbergt in den ehemaligen Stallungen ein Museum, das auch auf die unteren Schlossräume ausgedehnt ist. Der Garten, von dem man einen schönen Blick auf die Stadt hat, ergänzt das Gelände der Burg.

Die Vögte von Weida, Gera und Plauen waren eine mittelalterliche Adelsfamilie, die vermutlich als Ministeriale der Welfen in dieses Gebiet kamen. Ihr Herrschaftsgebiet erstreckte sich im  Spätmittelalter über das heutige Ostthüringen, Nordböhmen, südwestliche Sachsen und Teilen Oberfrankens. Sie gaben auch dem Vogtland ihren Namen.

Erkenbert von Weida ließ sich Anfang des 12. Jahrhunderts hier nieder. Heinrich I. veranlasste  den Bau der Burg, der unter seinem Sohn Heinrich II., „der Reiche“ Ende des 12. Jahrhunderts abgeschlossen war. In diese Zeit fällt vermutlich der Wechsel zum Ministerialen im Dienste der Staufer. Der Titel Vogt wurde erst im 13. Jahrhundert eingeführt, wird aber in der Literatur schon für die  früheren Herrschaften verwendet.

Aus dieser Zeit existiert nur noch der Bergfried, der mit 54 m Höhe und seiner ungewöhnlichen Gestalt auffällt. Die drei Zinnenkränze des Turms entstanden in mehreren Bauphasen, bis er Mitte des 14. Jahrhunderts mit dem achteckigen Aufsatz seine heutige Form erhielt.

Den Kern des heutigen neuen Schlosses bildet vor allem der Palas des 12. Jahrhunderts, außerdem ein gleichzeitig entstandener aber kleinerer Wohnturm. Das waren neben dem Bergfried die ältesten Teile der Burg. Im 15. Jahrhundert ging die Burg in wettinischen Besitz über und  die Gebäude des 12. Jahrhunderts wurden im Stil der Renaissance umgebaut. Im 30jährigen Krieg beschädigt, wurde die Burg Ende des 17. Jahrhunderts wieder instand gesetzt.

Das „Feste Haus zu Weida“ erhielt erst im 17. Jahrhundert seinen jetzigen Namen – Osterburg,

vermutlich abgeleitet von der hiesigen Landschaftsbezeichnung  Osterland.

Bis zum 19. Jahrhundert war die Burg unter den Wettinern Sitz der Amtsverwaltung und Gerichtsbehörde.

Schon 1930 war in der Burg ein Museum. 2011-2013 wurde die Turmspitze neu errichtet und das neue Schloss bekam mit europäischen Fördermitteln eine komplette Außensanierung.

Heute sind in der Burg das Museum, Galerien und Künstlerateliers, Ausstellungs- und Veranstaltungsräume, sowie die „Wirtschaft zur Osterburg“ untergebracht. Das Museum zeigt die Geschichte der Burganlage, der Stadt Weida und des Thüringer Vogtlandes.

Wir besuchten zuerst den Balkensaal im Alten Schloss, in dem alte Balken von der Decke abgehängt waren. Hier werden auch Trauungen durchgeführt. Danach kletterten wir im Bergfried auf steilen, sehr engen Stufen zur Türmerwohnung hinauf, die noch bis 1917 bewohnt war. Hier befanden wir uns auf dem zweiten Zinnenkranz und hatten von hier einen wunderbaren Blick auf Stadt und Landschaft. Danach hatte jeder Zeit, sich in den Museumsräumen umzusehen.

13:30 Uhr war für uns auf der Terrasse der Wirtschaft, die wegen uns eher geöffnet hatte, ein Imbiss vorbereitet und wir konnten uns bis 15 Uhr von Wanderung und Turmbesteigung erholen.

Nach der Pause erzählte uns Frau Dr. Müller viel über die Vögte, die historische Entwicklung dieses

Landstrichs und der Stadt Weida.

Weida liegt im Tal des gleichnamigen Flusses, in den hier die Auma mündet, während die Weida unterhalb des Veitsbergs in Wünschendorf in die Weiße Elster fließt.

Die Marktsiedlung Weida wird schon 1209 urkundlich als Stadt erwähnt und ist somit die älteste Stadt des Thüringer Vogtlandes. Ursprünglich existierten zwei Siedlungen, die Altstadt und die Neustadt, die durch die Weida getrennt waren. In beiden gab es einen Markt und eine Stadtkirche.

In der Neustadt existierte ein Dominikanerinnenkloster, ein Gebäude davon ist als gesicherte Ruine noch vorhanden. Wir besuchten zuerst die Ruine der romanischen Peterskirche in der Neustadt, die Mitte  des 13. Jahrhunderts erbaut wurde. Ursprünglich zweitürmig, verbrannte sie im 30jährigen Krieg und wurde nie wieder aufgebaut. Heute sind nur ein Turm und ein Stück Kirchenschiff erhalten.

Um zur Stadtkirche der Altstadt zu gelangen, mussten wir die Weida überqueren und hatten noch mal einen wunderbaren Blick zur Osterburg.

Die Stadtkirche St. Marien, eine ehemalige Kirche des Franziskanerordens, wurde Mitte des 14. Jahrhunderts als schlichter Bau ohne Querschiffe und Glockenturm erbaut. Nach der Reformation

wurde sie zur einzigen evangelischen Stadt- und Pfarrkirche Weidas erhoben. Ebenfalls 1633 abgebrannt, wurde sie durch Geldspenden des schwedischen Heeres wieder aufgebaut. Nach 1990 wurden Dachstuhl und Dach erneuert. Sehenswert sind die Balkendecke mit ausgemalter Kassettengestaltung und das Frescogemälde aus dem 13. Jahrhundert. Leider konnten wir aus Zeitgründen nur kurz in die Kirche hinein schauen.

Unser letztes Ziel war die Ruine der Widenkirche. Ende des 12. Jahrhunderts als Marienkapelle der Altstadt erbaut, wurde sie vor 1230 zu einer romanischen Kirche mit zwei Türmen erweitert. Mitte des 14. Jahrhunderts entstand ein hochgotischer Anbau. Ebenfalls 1633 abgebrannt, blieb sie seitdem Ruine. Heute existiert noch ein 1996/97 restaurierte Turm, der die Kirchenglocken trägt. Vom Kirchenschiff ist nur ein kleiner Teil mit gotischen Fenstergewänden erhalten.

Wir verweilten kurz in der romantischen Ruine und brachen dann zu unserem Rückweg nach Wünschendorf auf.

Das Ehepaar Müller führte uns einen schmalen Waldweg entlang, immer oberhalb der Weida. Leider kamen wir ca. 2 km vor unserem Ziel in einen heftigen Gewitterguss, so dass wir ca. 17:15 Uhr völlig durchnässt an der St. Veitskirche ankamen.

Frau Dr. Müller erklärte uns die Baugeschichte der Kirche. Die Veitskirche wird auf Wegweisern und in der Literatur als „Tausendjährige“ Kirche verzeichnet, da irrtümlich von einem Bau im

10. Jahrhundert ausgegangen wurde. Bauhistorische Untersuchungen ergaben einen Bau um 1124 (dendrologisch). Damit ist die Veitskirche zwar nicht tausend Jahre alt, doch das älteste sakrale Bauwerk im Vogtland. Sie hat als Altpfarrei fungiert, bis sie 1193, bei Gründung des Klosters Mildenfurth, den Prämonstratensern zugesprochen und kurzzeitig als Klosterkirche genutzt wurde. Der romanische Teil der Kirche wurde um 1200 um ein Seitenschiff erweitert, vermutlich für den Klosterkonvent. Im 14. Jahrhundert entstand der Chorraum im gotischen Stil, der spätgotische Marienaltar wurde Ende des 15. Jahrhunderts errichtet. Aus dieser Zeit stammt auch das Relief mit Szenen aus der Passionsgeschichte, das an den Außenwänden der Kirche verläuft. Teile der gläsernen Rundfenster im Chor stammen aus dem 12. Jahrhundert. Im Kirchenschiff wird zur Zeit gebaut, so dass wir nur den Altar und Ausschnitte von der bemalten Kassettendecke sehen konnten, die aus der Renaissance stammt. Bei einem Gang um die Kirche, konnten wir das spätgotische Eingangsportal bewundern, das vom Kloster Mildenfurth hier eingebaut wurde. Da die Kirche

18 Uhr geschlossen wird, konnten wir leider nicht länger in dem wunderbaren historischen Highlight verweilen.

Unser Vorsitzender bedankte sich recht herzlich bei Frau Dr. Müller für die fachmännische, sehr interessante Führung des Tages und wir verabschiedeten uns voneinander. Da wir alle sehr nass waren, fiel das geplante gemeinsame Abendessen aus.

Es war ein sehr aktiver, sehr informativer Tag mit unserer Landesgruppe. Die Wanderung von

ca.12 km war schön aber doch  anstrengend.

 

 

 

Gudrun Herzog

 

Mein Dank geht an Frau Dr. Müller für die fachmännische Unterstützung dieses Berichtes.