Rückblick Burgenfahrt Hirschberger Tal 25. – 27.08.2023

Bericht von der Burgenfahrt in das Hirschberger Tal, mit der Landesgruppe Berlin-Brandenburg der Deutschen Burgenvereinigung, am Wochenende  25. – 27. August 2023

Vielfachem Wunsch entsprechend wurde in das Burgen-Rundfahrtprogramm für das Jahr 2023 eine Fahrt in das schöne Hirschberger Tal, das „Tal der Schlösser und Gärten“ /Schlesien, die heutige polnische „Woiwodschaft Niederschlesien“, aufgenommen. Mit einer erstaunlich hohen Zahl an Anmeldungen sollte es dann auch am Wochenende 25. – 27. August losgehen und uns drei spannende Tage erwarten.

Nach einer mehrstündigen Fahrt erreichten wir die Stadt Görlitz, heute unmittelbar an der Grenze zu Polen, an der Lausitzer Neiße gelegen, als eine im Krieg ziemlich unversehrte Kreisstadt, lange Zeit geistiger und kultureller Mittelpunkt der Lausitz, heute eine vielgerühmte historische Stadt in Sachsen. Nach den grundlegenden Restaurierungen der letzten 30 Jahre konnten wir, unter der Leitung des erfahrenen Denkmalpflegers Markus Kepstein, uns zahlreiche prachtvolle historische Gebäude, als Görlitz Jahrhundertelang ein wichtiger und reicher Handelsplatz zwischen Brandenburg, Sachsen und Schlesien war, ansehen. Mit über 4000 inzwischen restaurierten Kultur- und Baudenkmalen wird Görlitz heute oft als das größte zusammenhängende deutsche Flächendenkmal bezeichnet. Görlitz liegt im Übrigen an der Via Regia, die von Frankfurt aus kommend, über Görlitz und Breslau weiter nach Krakau führt. Schon in der Mitte des 14.Jahrhunderts, 1346, gründeten die Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau den Oberlausitzer Sechsstädtebund, um im Auftrag des Landesherren, des Königs von Böhmen und späteren deutschen Kaiser  Karl IV, den Landfrieden zu wahren.

Tief beeindruckt von dem was wir in Görlitz sehen und erleben durften, konnten wir unsere Fahrt – nach einem stärkenden Mittagessen – fortsetzen und fuhren in Richtung Hirschberg. Immer längs der drei Gebirgszüge, beginnend mit dem Zittauer Gebirge, das sich im äußersten Südosten Sachsens, an der sächsisch-böhmischen Grenze, als Gebirgszug der Sudeten, erstreckt und mit seinen immerhin fast 800 Metern schon eine erhebliche Höhe aufweist. Es folgte schließlich das Isergebirge, ebenfalls ein Teil der Sudeten, das die Verbindung zwischen dem in Deutschland gelegenen Zittauer Gebirge/Lausitzer Gebirge und dem Riesengebirge bildet und zu Tschechien und Polen gehört. Nach einer fast einstündigen Fahrt konnten wir dann erstmals in der Ferne die Schneekoppe, ein Teil des Riesengebirges,  entdecken, die mit ihren fast 1600 Metern bis 1945 das höchste deutsche Mittelgebirge darstellte und heute das höchste Gebirge Tschechiens sowie Schlesiens darstellt.

Beeindruckt von den immer näher kommenden, teilweise sich in blauem Dunst verlierenden Gebirgsketten – beindruckend an frühe Bilder von Caspar David Friedrich erinnernd – erreichten wir schließlich die Stadt Hirschberg und konnten nun auch die Schneekoppe unmittelbar vor uns liegend bewundern. In das Hirschberger Tal hineinfahrend grüßte uns schon von weitem sichtbar das barocke Schloss von Lomnitz und die wunderbar restaurierte  Bethauskirche, am Rande des weitläufigen Parkkomplexes von Lomnitz gelegen. Nach dem Beziehen der Zimmer, sowohl im Schloss Hotel von Lomnitz selber, als auch im Inspektorhaus des Gutshofes sowie im Schloss Schildau, begrüßte uns Frau Elisabeth von Küster vor dem großen barocken Schloss. Bei einem ersten Rundgang präsentierte sich uns  nicht nur der unter meiner fachlichen Leitung sorgfältig wiederhergestellte Pleasureground, sondern auch der sehr schöne Blumen- und Küchengarten, sowie der erst jüngst restaurierten Eiskeller und beide Schlösser von Lomnitz. Ein wenig erschöpft von den vielfältigen Reiseeindrücken des ersten Tages freuten wir uns dann auf das fröhliche gemeinsame Abendessen im Restaurant „Alter Stall“ im Gutshof, schlesisch  „Dominium“ genannt, wo wir bei einem sehr schön angerichteten kalt-warmen Buffet, wieder zu Kräften kamen und uns dann auf eine erholsame Bettruhe freuten.

Der nächste Tag sollte uns dann mit einigen Schlössern des Hirschberger Tales - Schloss Schildau und Fischbach, vertraut machen, ehe wir den weitläufigen Schloss- und Parkkomplex von Buchwald erreichten, den eigentlichen Höhepunkt des zweiten Tages. Unter den ausgezeichneten fachlichen Erläuterungen des Architekten und Vorsitzenden des in Lomnitz beheimateten „Vereins zur Pflege Schlesischer Kunst und Kultur“, Christopher Schmidt-Münzberg, wurden uns vor allem die zur Zeit noch laufenden intensiven Bemühungen zum Erhalt, Pflege und Restaurierung des großen, noch im ausgehenden 18. Jahrhundert unter Graf Reden – vom Langhans Schüler Carl Gottfried Geißler - errichteten  gräflichen Wirtschaftshofes, dargestellt. In einem kleinen Einführungsvortrag erläuterte uns dann der Architekt die Bau – und Gartenkünstlerisch wichtige Entwicklungsgeschichte des „Berg- und Waldgutes“ von Buchwald, vornehmlich in der Zeit von Friedrich Wilhelm Graf von Reden und seiner Frau Friederike, die nach dem frühen Tod ihres Mannes, der schon 1816, mit 63 Jahren starb, und noch bis zu ihrem Tod im Jahr 1854, intensiv fortsetzte. Sie war es dann auch die in den 1830er Jahren die Tiroler Glaubensflüchtlinge in das Hirschberger Tal holte, aber auch für die Aufstellung der norwegischen Stabholzkirche in Wang sorgte und sich an zahlreichen karitativen Projekten engagierte. Als Dank sollte sie schließlich von König Friedrich Wilhelm IV 1843 eine marmorne Römische Bank, eine halbrunde Exedra, erhalten, die sie dann an einer landschaftlich bevorzugten Stelle im Schlosspark – mit ausgezeichnetem Blick auf die Schneekoppe - aufstellen ließ. Leider  wurde diese von Ludwig Persius entworfene, kostbare Bank, nach dem Zweiten Weltkrieg vernichtet. In einer wiss. konservatorisch vorzüglich vorbereiteten Rekonstruktionsmaßnahme wird die Wiederaufstellung dieser Römischen Bank zur Zeit durch den Architekten Schmidt-Münzberg betrieben – unterstützt durch den Autor dieser Zeilen – so dass wir uns schon eingehend mit der noch in restauro befindlichen Exedra beschäftigen  und mit großer Freude die schon weit gediehenen Fortschritte bewundern konnten. Nach einem wunderbaren Picknick im Schlosspark von Buchwald fuhren wir schließlich wieder nach Lomnitz zurück, wo uns nach einer wohlverdienten Mittagspause ein hoch informativer Rundgang durch die große Parkanlage von Lomnitz erwartete.

Frau  von Küster erläuterte uns bei diesem Rundgang nicht nur die interessant ausgestatteten musealen Räume des Barockschlosses, sondern auch die gerettete und inzwischen fertiggestellte schlesische Bethaus Kirche, eine von insgesamt noch etwa 200 schlesischen  Fachwerkkirchen, sondern auch den erst in jüngster Zeit sanierten Eiskeller, wie auch den großen, von einer Feldsteinmauer eingehegten Küchen- und Blumengarten sowie eine schöne Parkerweiterung entlang dem Bober Fluss. Nach einer ausreichenden Zeit um sich umzuziehen und frisch zu machen, hatten wir dann noch Gelegenheit  diesen hochinformativen Tag mit einem liebevoll zubereiteten festlichen Abendessen im Saal des Witwenschlosses zu beenden.

Den Auftakt des letzten Exkursionstages bildete schließlich ein für uns möglich gewordener Besuch des Reichsgräflich Schaffgotschen Palais in Bad Warmbrunn, Wohnort einer schlesischen Magnatenfamilie, die mit über 30.000 Hektar Land und Forstbesitz, Eigentümer fast des gesamten schlesischen Iser- und Riesengebirges waren. Auch hier hatte Christopher Schmidt-Münzberg den sonst nicht möglichen Besuch der wunderbaren gräflichen  Wohnräume – einschließlich des einzigartigen frühklassizizistischen Speisesaales – ermöglicht. Das glücklicherweise erhaltene Stadtpalais hatten sich die Grafen Schaffgotsch in Bad Warmbrunn 1785 im Stil des damals aufkommenden Frühklassizismus errichten lassen, nachdem ihr eigentlicher Jahrhundertealter Wohnsitz, die Stamm Burg Kynast, 1675 ein  Opfer der Flammen wurde und von uns noch  als markante Burgruine auf der Fahrt nach Agnetendorf - auf einem Bergkegel thronend – bewundert werden konnte.

Den schönen Abschluss der dreitägigen Burgenfahrt, in das auch „Schlesische Elysium“ genannte Hirschberger Tal, bildete schließlich noch der Besuch des Gerhard Hauptmann Museums „Haus Wiesenstein“ In Agnetendorf. 1900 durch den bekannten Berliner Architekten  Hans Grisebach für Gerhard Hauptmann als repräsentative Residenz und Dichterstätte entworfen, wird heute als kommunales Museum geführt und erfreut sich insbesondere bei den zahlreichen deutschen Besucher großen Interesses. Durch die inzwischen fast vollständig zugewachsenen Blickbeziehungen in die herrliche Bergwelt rund um das Haus Wiesenstein kann man heute allerdings so gut wie nichts mehr vom Riesengebirge sehen, so dass man fälschlicherweise den Eindruck hat Haus Wiesenstein liegt im Wald, was natürlich ein völlig falscher Eindruck ist. Trotzdem hat auch dieser Eindruck von der Residenz Gerhard Hauptmanns im Riesengebirge auch einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen.

Wieder nach Lomnitz zurückgekehrt, erwartete uns dort noch eine stärkende Suppe, so dass wir schließlich am frühen Sonntagnachmittag unsere  Heimreise antreten konnten und tiefbeeindruckt von einer großartigen Reise „an die Grenze des Reiches“ , wie Goethe einmal sagte, schließlich am Abend dieses Tages wieder in Berlin ankamen und noch lange Zeit von den unglaublichen Eindrücken einer beglückenden, immer noch sehr deutschen Kulturlandschaft jenseits von Oder und Neiße, träumen.

Dr. Ing. Klaus- Henning von Krosigk                                                Berlin, im September 2023

Barock Schloss Lomnitz
Schloss Lomnitz Foto: Dr. Bernhard Klose

Eiskeller
Eingang des Eiskellers Foto: Dr. Bernhard Klose